PKW-Maut zum Drölfzigsten

Eines muß man ja Herrn Bundesverkehrsminister Ramsauer (CSU) ja lassen. Hartnäckig ist er.
Natürlich braucht sein Ministerium eine Menge Geld, um marode Straßen und vor allem Brücken zu sanieren. Versäumnisse, die nicht von ihm zu verantworten sind. (Und einen unterirdischen Kopfbahnhof, ein paar unsinnige Eisenbahnstrecken und etliche Soda-Brücken muß er auch noch finanzieren.)

Herrn Ramsauers Allheilmittel ist dabei die Maut für PKW. Seit Jahren wiederholt er diese Forderung.
Erst jetzt wieder, medienwirksam im politischen Sommerloch.

Und sowohl der Zeitpunkt als auch die Aussage selbst, zeigen, worauf der Herr Minister abzielt.
Er will fleißig Stimmung machen. Mit einer Anbiederung an nationales Stammtisch-Gerede.

„Entlastung inländischer Autofahrer“ ist erstens eine glatte Lüge. Er gibt selber zu, daß die Kosten für die Maut dem deutschen Autofahrer nicht 1:1 erstattet werden können. Mehrkosten sind aber keine Entlastung.
Und zweitens schürt er damit Stimmung gegen ausländische Autofahrer. Kurz: Ausländer.

Gleichzeitig erinnert Herr Ramsauer daran, daß es ja mal wieder die böse EU ist, die seine Ausgleichpläne mittels des Diskriminierungsverbot kippen könnte. So wie bei der Einführung der LKW-Maut.
Toll. In Zeiten der Krise in der EU fördert er noch Ressentiments gegen die EU. Um selber besser dazustehen. Aber indirekt gibt er damit zu, durchaus nichts gegen Diskriminierung zu haben.

Wenn das Geld nicht reicht, gibt es immer 2 Möglichkeiten.
Sparen. (Zur Erinnerung: der Anteil des Bundes bei Stuttgart 21 beträgt genau die 1 Milliarde Euro, die anscheinend im Straßenbau fehlen.*)
Oder die Einnahmen erhöhen. Aber dann muß Herr Minister Ramsauer das auch offen sagen. Und nicht mit billigem Populismus Wahlkampf für sich zu machen.
Ich weiß ja nicht, mit welchen Zahlen Herr Ramsauer rechnet, aber um eine Milliarde Euro durch die Maut zu bekommen, müßten 20 Millionen „Ausländer“ eine Wochenvignette von 50 Euro kaufen. (Bei einer vollständigen Entlastung der Eingeborenen.) Ich denke, beide Zahlen sind unrealistisch.

Und wieso muß es eine Maut sein?
Wieso eine neue Einnahmequelle? Mit neuen Kosten? (Bei der LKW-Maut geht afair 1/3 der Einnahmen an toll collect.)
Kann man nicht eine bereits vorhandene Einnahmequelle erhöhen?
Aber natürlich klingt eine Erhöhung der Mineralölsteuer äußerst… unpopulär.
Im Endeffekt würden damit die Autofahrer im Vergleich zur Maut billiger wegkommen. Da keine neuen Nebenkosten entstehen.
Und ja, auch Ausländer zahlen deutsche Mineralölsteuer. Die wenigsten Holländer oder Dänen kommen mit einer Tankfüllung nach Österreich.
Deutsche Pendler, die das Auto brauchen, um zur Arbeit zu kommen, kann man wunderbar mit einer Erhöhung der Pendlerpauschale entlasten.

Und eine Lenkungswirkung hin zu einem umweltverträglicheren Fahrverhalten bringt eine Maut auch nicht.

Anmerkung:

Auf eine satellitengestützte Totalüberwachungs-Maut Kretschmann’scher Feuchtträume gehe ich hier nicht ein. Da sprechen noch ganz andere Gründe dagegen.

* Selbstverständlich geht die Finanzierung von S21 über ca. 10 Jahre und für den Straßenbau braucht es pro Jahr eine Milliarde mehr, aber ein Zehntel ist doch auch schon was.

So sehe ich das.

City-Maut

(Vorab-Information: Ich werde mich in diesem Beitrag viel auf ein Twitter-Gespräch mit dem Landesvorstandsmitglied der Grünen BaWue Jörg Rupp und seinen Blogeintrag zur City-Maut beziehen.

Dieses – vorerst nur – Schlagwort warf der grüne Verkehrsminister in Baden-Württemberg, Winfried Hermann, in die Diskussion.

Der Zweck dahinter ist klar und durchaus begrüßenswert. Die Städte sollen von motorisiertem Individualverkehr entlastet, die Luft besser, die Menschen vom Lärm geschützt und der Öffentliche Personennahverkehr besser finanziert werden.

Aber wie soll diese City-Maut aussehen? Bisher scheint seitens der Grünen noch kein Konzept vorhanden zu sein, wie diese Maut umgesetzt werden soll. Meine erste Vermutung war ja, daß sie analog zur satellitengestützen PKW-Maut von Ministerpräsident Kretschmann eben auch nur so eingeführt werden soll. Wäre ja auch logisch.
Da aber widersprach mir Jörg Rupp auf Twitter. Man könne sich viel vorstellen Es gäbe verschiedene Möglichkeiten, von Kameras bis Vignette. Kameras, aha. Die dann in das Innere der Fahrzeuge filmen, um so, wie gefordert, die Anzahl der Personen zu erfassen.

Überhaupt – Preise gestaffelt nach Anzahl der Personen. Sollen mehr Personen mehr zahlen? Dann dürfte man ja nie jemand mitnehmen, wenn man ein Monatsticket für eine Person gelöst hat. Finde ich irgendwie kontraproduktiv.
Oder bedeuten mehr Personen eine niedrigere Maut? Das würde Fahrgemeinschaften fördern. Und was mache ich, wenn plötzlich der Arbeitskollege krank wird, ich aber ein Pickerl für 2 Personen habe?

Man sieht, alles sehr unausgegoren. Aber das sind Detailfragen. Wichtiger als das Wie ist das Ob.

Wie vorhin schon geschrieben, sind die Ziele der City-Maut ja hehre. Und daß Geldzahlungen Lenkungswirkungen besitzen, ist auch unbestritten. Aber das ist Politik von gestern. Gerade bei Autofahrern. Die werden schon genug durch Geldzahlungen gelenkt. KFZ-Steuer, Pflichtversicherung, Mineralölsteuer, Mehrwertsteuer auf die Mineralölsteuer… (Interessantes Detail am Rande ist ja, daß so ziemlich alle Politiker auf die hohen Benzinpreise schimpfen, die die von den Arbeitnehmern geforderte Mobilität behindern. Nur der Finanzminister ist doppelt und dreifach froh über jede Benzinpreiserhöhung. Wie wäre es mit einem festen Betrag bei der Mineralölsteuer pro Liter? Aber ich schweife schon wieder ab.)

Politik von gestern. Das ist Politik, die durch immer neue Steuern, Abgaben, Gebühren versucht, eine Lenkungswirkung zu erzielen. Man verbietet, gebietet und drangsaliert.

Daß es durchaus auch anders geht – nämlich mit Anreizen – hat z.B. die Kaufförderung für Neuwagen in der ersten(?) Wirtschaftskrise gezeigt. Unabhängig davon, ob man diese Förderung gut findet, funktioniert hat sie.

Also laßt es uns doch versuchen. Schenken wir jedem Bürger ein Jahresticket für den ÖPNV. Und weil das Jeder bekommt, können wir es uns auch gleich ganz schenken. Und Kontrolleure obendrein. Und schon sind wir beim fahrscheinlosen ÖPNV.

Natürlich wird es auch damit weiterhin Autos geben, auch Autofahrten. Und sogar unnötige Autofahrten. Aber das ist Freiheit.
Keine Freiheit ist, wenn der Schichtarbeiter aus Fuchsdorf eine City-Maut zahlen muß, um zu seinem Arbeitsplatz zu kommen. Oder der Städter, um zu seinem in Hasenhausen. Überhaupt, der Stadtbewohner. Der wird faktisch gezwungen, die Maut zu zahlen. Alles läßt sich schlicht nicht mit dem ÖPNV erledigen. Oder er kann ja aus der Stadt wegziehen. So macht man keine Stadt attraktiv. Selbst mit dem tollsten ÖPNV.

So viele Ausnahmen und Bürokratie kann es gar nicht geben, um eine City-Maut gerecht zu machen.

Ich bin mir sicher, daß wir mit einem fahrscheinlosen ÖPNV 10 bis 20% der Autos aus den Innenstädten bekommen ohne die soziale Kluft weiter auszudehnen und freie Straßen für Nobelkarossen zu haben.

So sehe ich das.